* Die Bestimmung der Antibiotika-/Antimykotikaempfindlichkeit erfolgt nur, wenn eine ätiologische Bedeutung der angezüchteten Mikroorganismen gesichert oder ausreichend wahrscheinlich ist und für diese Mikroorganismen validierte Antibiotikatestverfahren und Grenzwerte nach EUCAST verfügbar sind.
2. Fremdleistungen
Einige Spezialuntersuchungen führen wir nicht selbst durch, sondern leiten sie an ausgewählte, i.d.R. akkreditierte Fachlaboratorien weiter. Diese sind durch einen Vermerk auf dem Laborbefund gekennzeichnet.
3. Untersuchungsaufträge
Allgemein
Für ambulante und stationäre Einsender stehen spezielle Mikrobiologie-Auftragsformulare zur Verfügung, auf denen sowohl das jeweilige Untersuchungsmaterial als auch der Untersuchungsumfang durch Ankreuzen markiert werden können.
Für eine exakte Einschätzung und Interpretation der Untersuchungsergebnisse sind Angaben zum Abnahmeort, Diagnosen/ Verdachtsdiagnosen, Auslandsaufenthalten und zur bestehenden, oder geplanten Antibiotikatherapie hilfreich.
Eine Freitextbeauftragung mit "Erreger- und Resistenzbestimmung" beinhaltet folgende Untersuchungen: Mikroskopie je nach Material und Abnahmeort, Erregeranzucht mit anschließender Keimidentifizierung und Empfindlichkeitstestung (Antibiogramm) nach EUCAST.
Speziell
Folgende Erreger/Toxine werden in den meisten Fällen nicht mit der Routinediagnostik erfasst und müssen daher bei klinischem Verdacht ausdrücklich auf dem Untersuchungsantrag angefordert werden:
Aktinomyzeten, Chlamydien, Choleravibrionen, Clostridium difficile-Toxin, Diphtheriebakterien (C. diphtheriae), EHEC/EPEC, Gonokokken (N. gonorrhoeae), Helicobacter pylori, Legionellen, Mykobakterien (M. tuberculosis u. a.), Mycoplasmen, Pertussiserreger (B. pertussis/parapertussis), Pneumocystis jiroveci, Protozoen, Viren, Würmer und Wurmeier
Generell empfiehlt es sich, bei V.a. oben genannte oder andere seltene Erreger und/oder Untersuchungsmaterial, das nicht jederzeit erneut gewonnen werden kann (z.B. intraoperativ entnommenes Gewebe), vorab mit einem Mikrobiologen den Fall zu besprechen und Hinweise zur Gewinnung des Untersuchungsmaterials und zu den optimalen Transport- und Lagerbedingungen zu erhalten.
5. Materialgewinnung und ausgewählte Untersuchungsanforderungen
5.1. Allgemeine Hinweise
5.1.1. Untersuchungsmaterial
Entnahme des Untersuchungsmaterials möglichst vor Beginn von erregerschädigenden Maßnahmen (Antibiotika, Antiseptika, etc.) oder nach einer Pause von ca. 2 Wochen nach Abschluss der Behandlung
Bei unklarem Infektfokus Probenmaterial entnehmen, in das Infektionserreger erfahrungsgemäß häufig übertreten (Blut, Urin, Pleuraflüssigkeit, Ascites o. ä.).
Probengefäß eindeutig kennzeichnen (Name, Vorname, Geburtsdatum), mehrere Proben vom gleichen Entnahmeort numerieren.
Falls Patient Material selbst entnehmen soll (v. a. Stuhl, Urin und Sputum), muss zuvor eine ausführliche Unterweisung erfolgen!
5.1.2. Probenbegleitschein
Probenbegleitschein vollständig ausfüllen und alle für die mikrobiologische Diagnostik und Befundinterpretation notwendigen Informationen eintragen (Art des Untersuchungsmaterials, Entnahmestelle, Entnahmezeitpunkt, klinische Diagnose bzw. Verdachtsdiagnose oder klinische Symptomatik, ggf. gleichartige Umgebungserkrankungen, bisherige antibiotische Therapie, ggf. Hinweis auf Vorbefunde).
5.1.3. Lagerung und Transport
Entnommenes Material möglichst schnell ins mikrobiologische Labor bringen, ggf. Transportmedien verwenden (s. u.).
5.2 Abstriche / Sekrete
Bei allen Abstrichen von Körperoberflächen besteht die Gefahr der Kontamination durch Bakterien der physiologischen Flora.
Abstrich von Wunden nach gründlicher Reinigung mit Entfernung oberflächlicher Sekrete möglichst vom Wundgrund entnehmen. Abszesse besser punktieren und Inhalt in der Spritze oder einem sterilen Röhrchen ins Labor senden.
Mit dem Abstrichtupfer möglichst viel Material entnehmen, dabei gesunde Umgebung nicht berühren. Tupfer unverzüglich ins Transportmedium einbringen.
Lagerung von Tupfern bis zum Transport bei Raumtemperatur, Sekrete mit möglicher Begleitflora möglichst kühl lagern.
5.3 Abstriche zum molekularbiologischen Chlamydien- und Gonokokkendirektnachweis
Urethralabstrich: Vor der Entnahme kein Wasserlassen. Blauen Tupfer 2 - 4 cm tief in die Harnröhre einführen und durch drehende Bewegung unter leichtem Druck Epithelzellen entnehmen. Abstrich in mitgeliefertes Transportmedium überführen und bei Raumtemperatur lagern.
Cervixabstrich: Portio mit Spekulum einstellen und Cervikalschleim mit dickem, weißem Tupfer entfernen. Anschließend blauen Tupfer in Cervikalkanal einführen und durch drehende Bewegung unter leichtem Druck eine möglichst große Menge von Epithelzellen gewinnen. Abstrich in mitgeliefertes Transportmedium überführen und bei Raumtemperatur lagern.
Nachweis aus Erststrahlurin: siehe Urin.
5.4 Blutkulturen
5.4.1. Indikationen
Verdacht auf Sepsis, Bakteriämie, Fungämie
Verdacht auf Endokarditis
Fieber unklarer Genese
Fieber bei liegendem intravasalen Katheter / intravaskulären Implantaten
Schwere Infektionen, z.B. Verdacht auf Meningitis, Pneumonie, Pyelonephritis, Wundinfektionen, Osteomyelitis
Verdacht auf zyklische Infektionskrankheiten, z.B. Typhus oder Paratyphus
Fieber nach Tropenaufenthalt
5.4.2. Entnahmezeitpunkt und Anzahl der Blutkulturen
Bei Verdacht auf ein septisches Geschehen mit Fieber u./o. Schüttelfrost ist der optimale Entnahmezeitpunkt während des Fieberschubes.
Bei Verdacht auf Endokarditis erfolgt die Entnahme unabhängig von Fieberschüben.
Entnahme, falls möglich, vor Beginn einer antibiotischen Behandlung; bei schon antibiotisch anbehandelten Patienten am Ende eines Dosierungsintervalls.
Eine Blutkultur besteht aus einem Blutkulturflaschenpaar (aerobe und anaerobe Flasche), welches mit Blut aus einer einzigen Venenpunktion unter aseptischen Kautelen beimpft wurde.
Ausnahme: bei Neugeborenen und Kleinkindern (bis 20 kg Körpergewicht) besteht die Blutkultur aus einer speziellen Blutkulturflasche, für die lediglich 2 – 5 ml Blut benötigt werden.
Es sollten im Verlauf 2 - 3 Blutkulturen pro klinischer Episode abgenommen werden.
5.4.3. Entnahmeart
Punktion einer peripheren Vene
Bei Verdacht auf kathetherassoziierte Infektionen soll die Blutentnahme gleichzeitig aus dem Katheter (ZVK, Sheldon-, Hickmankatheter) und aus peripheren Venen erfolgen. Die Zeit von 2 oder mehr Stunden Unterschied zwischen Positivität der Blutkultur aus dem Katheter im Vergleich zur Venenpunktion spricht für eine Kathetersepsis.
Bei mehrlumigen Kathetern sollte Blut über jedes Lumen abgenommen werden.
5.4.4. Probenentnahme
Blutkulturflaschen (Raumtemperatur) beschriften bzw. mit Barcodeaufkleber versehen. ACHTUNG: Barcode der Flaschen nicht überkleben!
Auf dem Probenbegleitschein unbedingt Entnahmedatum und -uhrzeit sowie Punktionsort angeben.
Hände desinfizieren und Einmalhandschuhe anlegen.
Plastikverschluss entfernen und Durchstichkappe desinfizieren, vollständig verdunsten lassen.
Bei Erwachsenen die Flaschen mit je 5-10 ml Blut befüllen.
Bei Neugeborenen und Kleinkindern (bis 20 kg Körpergewicht) spezielle Blutkulturflaschen verwenden, mit je 2-5 ml Blut befüllen.
Bis zum Transport ins Labor sind die beimpften Blutkulturflaschen bei Raumtemperatur zu lagern.
5.5 Biopsie- / Operationsmaterial
Möglichst mehrere Gewebestücke von verschiedenen Stellen, bevorzugt vom Rand des Entzündungsprozesses entnehmen.
Probe in steriles Gefäß geben und zum Schutz vor Austrocknung mit sterilem NaCl benetzen.
Material möglichst schnell ins Labor bringen, bis zum Transport bei Raumtemperatur lagern.
5.6 Liquor für mikrobiologische Untersuchungen
Zwei bis drei sterile Röhrchen aus Polypropylen (kein Polystyrol oder Glas) mit mindestens 2 ml, möglichst jedoch mit 5 - 10 ml Liquor befüllen.
Röhrchen dicht verschließen und schnellstens ins Labor bringen, bis zum Transport bei Raumtemperatur lagern.
Bei voraussichtlich längerem Transport sollte zusätzlich noch eine aerobe Blutkulturflasche beimpft werden (vorzugsweise kleinvolumige Kinderflasche).
Bei klinischem Verdacht auf eine Meningitis/Enzephalitis sollten stets Untersuchungen zum direkten Erregernachweis (Mikroskopie, Kultur, PCR) und Untersuchungen eines Liquor/Serum-Paares (Antikörperindex-Bestimmung) parallel durchgeführt werden (siehe Liquordiagnostik).
5.7 Punktate
Punktionsstelle mit geeigneten Präparaten gründlich desinfizieren, alkoholische Desinfektionsmittel vor der Punktion verdunsten lassen.
Punktat in einem sterilen Röhrchen schnellstmöglich ins Labor senden, bei längerer Lagerung zusätzlich eine anaerobe Blutkulturflasche mit dem Punktat beimpfen.
Lagerung bis zum Transport bei Raumtemperatur
5.8 Respiratorische Proben
5.8.1. Bronchialsekret / Bürstenabstrich
Die erste Aspirationsprobe nach Einführen des Bronchoskops verwerfen (sehr häufig noch mit Mundflora kontaminiert).
Sekret/Abstrich möglichst nah am Ort der vermuteten Infektion entnehmen
Aspiriertes Sekret bzw. Bürste in steriles Gefäß umfüllen.
Material möglichst schnell ins Labor bringen, bis zum Transport im Kühlschrank lagern.
5.8.2. Sputum
Patienten eingehend über die korrekte Vorgehensweise bei der Sputumgewinnung unterrichten.
Günstigster Entnahmezeitpunkt: direkt nach dem Aufwachen (erstes Morgensputum).
Zahnprothesen nicht einsetzen bzw. entfernen. Unmittelbar vor dem Abhusten Mund mehrmals mit klarem Leitungswasser ausspülen (Mundflorareduktion).
In ein weitlumiges Gefäß abhusten lassen (z. B. „Becher mit Deckel, 125 ml“), erst danach in Transportgefäß umfüllen.
Probe noch am gleichen Vormittag ins Labor bringen, bis zum Transport im Kühlschrank lagern.
5.8.3. Trachealsekret
Kanüle bzw. Tubus wechseln.
Sterilen Absaugkatheter, möglichst mit Sekretfalle, einführen.
Aspiriertes Sekret in steriles Gefäß umfüllen, notfalls sekrethaltige Katheterspitze abschneiden und in steriles Gefäß geben.
Material möglichst schnell ins Labor bringen, bis zum Transport im Kühlschrank lagern.
5.9 Stuhl/Rektalabstrich
Zum Ausschluss einer infektiösen Enteritis, sollten Stuhluntersuchungen an drei aufeinanderfolgenden Tagen vorgenommen werden, da vor allem Parasiten häufig ungleichmäßig ausgeschieden werden. Ein einzelnes negatives Ergebnis schließt eine infektiöse Genese nicht aus.
Zur Stuhleinsendung bitte ausschließlich die zur Verfügung stehenden Stuhlröhrchen mit braunem Schraubverschluss und Entnahmelöffel verwenden.
Mit dem zum Probenröhrchen gehörenden Löffel eine ca. bohnengroße Menge Stuhl, bei flüssigem Stuhl ca. 2 - 3 ml in das Probenröhrchen überführen. Für parasitologische Diagnostik doppelt so große Menge einsenden.
Rektalabstriche sind ungeeignet zur Diagnostik einer infektiösen Gastroenteritis.
Nur im Ausnahmefall Rektalabstriche durch Einführen eines dicken Abstrichtupfers (schwarze Kappe) bis hinter den Schließmuskel unter mehrfachem Drehen aus dem Rektum entnehmen. Tupfer anschließend in Transportmedium einbringen.
Zum Nachweis von Oxyureneiern eignet sich nur ein klarer/durchsichtiger Zellophan-Klebestreifen, der morgens direkt nach dem Aufwachen noch vor dem Duschen auf die Analregion aufgedrückt und dann auf einen Objektträger geklebt wird.
Nie Proben übers Wochenende oder von mehreren Tagen sammeln und erst dann ins Labor schicken.
Probe möglichst umgehend ins Labor bringen, ansonsten bis zum nächsten Tag gekühlt lagern.
5.9.1. Empfehlungen zum Untersuchungsauftrag
In der Regel ausreichend: Untersuchung auf TPE (= Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Campylobacter) und Viren
zusätzlich bei Kindern unter 2 Jahren: enteropathogene Escherichia coli (EPEC)
zusätzlich bei Kindern unter 2 Jahren und blutigem Durchfall: enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)
zusätzlich bei anhaltender Diarrhoe, chron. Darmerkrankungen: Parasiten
zusätzlich bei Z. n. Antibiotikatherapie, nach Krankenhausaufenthalt, bei Immunsuppression oder bei blutiger Diarrhoe: Clostridium difficile-Toxine A und B
zusätzlich bei Immunsuppression, Reiseanamnese (z. B. Trekkingurlaub, Tropen): fakultativ darmpathogene Erreger (z. B. Aeromonas spp., Vibrio
5.10 Urine
5.10.1. Urin aus Mittelstrahl
Frauen
Männer
Unterkörper vollständig entkleiden
Hände mit Seife waschen
Vulva 3 x mit jeweils frischem, feuchtem Tupfer von vorn nach hinten reinigen und abschließend mit einem trockenen Tupfer trocknen
Labien gespreizt halten bis Uringewinnung abgeschlossen
Ein Drittel bis eine Hälfte des Blaseninhalts ablaufen lassen, dann ca. 10 ml in sterilem Einmalbecher auffangen
Urin in steriles Röhrchen füllen (mit Urinstabilisator)
Verschluss aufsetzen, ohne den Gefäßrand zu berühren
Falls das Röhrchen beim Umfüllen von außen mit Urin kontaminiert wurde, unter fließendem Wasser reinigen.
Unterkörper entkleiden
Hände mit Seife waschen
Vorhaut vollständig zurückziehen und während der gesamten Uringewinnung so belassen
Glans penis mit feuchtem Tupfer 2 x reinigen und abschließend mit einem trockenen Tupfer trocknen
Ein Drittel bis eine Hälfte des Blaseninhalts ablaufen lassen, dann ca. 10 ml in sterilem Einmalbecher auffangen
Urin in steriles Röhrchen füllen (mit Urinstabilisator)
Verschluss aufsetzen, ohne Gefäßrand mit den Händen zu berühren
Falls das Gefäß beim Wasserlassen von außen mit Urin kontaminiert wurde, unter fließendem Wasser reinigen.
Material möglichst schnell ins Labor bringen, bis zum Transport im Kühlschrank lagern.
Urintauchkultur (UTK) nur im Notfall oder bei längerer Lagerung verwenden (anspruchsvolle Keime auf UTK nicht anzüchtbar).
Die Beurteilung des mikrobiologischen Untersuchungsergebnisses ist nur unter Berücksichtigung einer eventuell vorliegenden Leukozyturie (als Ausdruck einer lokalen Entzündungsreaktion der Harnwege) möglich. Daher werden die gleichzeitige Untersuchung des Urinsediments auf Leukozyten bzw. die Verwendung von Teststreifen zum Nachweis der Leukozyten-Esterase dringend empfohlen.
5.10.2. Urin aus Einmalkatheter
Wegen des Risikos einer Keimverschleppung ist die Einmalkatheterisierung nicht ohne weiteres zu empfehlen.
Genitalbereich wie bei Mittelstrahluringewinnung (siehe dort) sorgfältig reinigen.
Katheterisierung unter aseptischen Bedingungen (hygienische Händedesinfektion, sterile Einmalhandschuhe)
Erste Urinportion verwerfen, mittlere Portion in sterilem Gefäß auffangen (Röhrchen mit Urinstabilisator).
Material möglichst schnell ins Labor bringen, bis zum Transport im Kühlschrank lagern.
Die Beurteilung des mikrobiologischen Untersuchungsergebnisses ist nur unter Berücksichtigung einer eventuell vorliegenden Leukozyturie (als Ausdruck einer lokalen Entzündungsreaktion der Harnwege) möglich. Daher werden die gleichzeitige Untersuchung des Urinsediments auf Leukozyten bzw. die Verwendung von Teststreifen zum Nachweis der Leukozyten-Esterase aus dem gleichen Urin (Röhrchen ohne Stabilisator) dringend empfohlen.
5.10.3. Urin aus Dauerkatheter
Vorgegebene Entnahmestelle oder proximalen Katheterteil sorgfältig desinfizieren und mit steriler Kanüle punktieren.
Verbindung Katheter/Ableitungsschlauch nicht öffnen.
Nie Urin aus dem Sammelbeutel entnehmen (sekundäre Keimzahlerhöhung).
Urin in steriles Gefäß umfüllen (Röhrchen mit Urinstabilisator).
Material möglichst schnell ins Labor bringen, bis zum Transport im Kühlschrank lagern.
Die Beurteilung des mikrobiologischen Untersuchungsergebnisses ist nur unter Berücksichtigung einer eventuell vorliegenden Leukozyturie (als Ausdruck einer lokalen Entzündungsreaktion der Harnwege) möglich. Daher werden die gleichzeitige Untersuchung des Urinsediments auf Leukozyten bzw. die Verwendung von Teststreifen zum Nachweis der Leukozyten-Esterase dringend empfohlen.
5.10.4. Urin aus Blasenpunktion
Goldstandard der Uringewinnung. Voraussetzung: gefüllte Blase
Urin in steriles Gefäß umfüllen (Röhrchen mit Urinstabilisator)
Material möglichst schnell ins Labor bringen, bis zum Transport im Kühlschrank lagern.
Die Beurteilung des mikrobiologischen Untersuchungsergebnisses ist nur unter Berücksichtigung einer eventuell vorliegenden Leukozyturie (als Ausdruck einer lokalen Entzündungsreaktion der Harnwege) möglich. Daher werden die gleichzeitige Untersuchung des Urinsediments auf Leukozyten bzw. die Verwendung von Teststreifen zum Nachweis der Leukozyten-Esterase dringend empfohlen.
5.10.5. Urin aus Erststrahl (für molekularbiologische Chlamydien- und Gonokokken-Diagnostik)
Zur Erfassung der intrazellulär lebenden Chlamydien sind urethrale Epithelabschilferungen erforderlich, die im Mittelstrahl kaum enthalten sind. Daher Erststrahlurin nach min. 1h Harnverhalt gewinnen. Erster Morgenurin ist optimal.
Patientinnen dürfen die Vulva zuvor nicht reinigen. Die ersten 10-20 ml Urin in sterilem Gefäß ohne Zusätze auffangen. Mit beiliegender Pipette 2 ml Urin in das Probenröhrchen geben. Der Flüssigkeitspegel soll zwischen den schwarzen Befüllungslinien auf dem Etikett liegen.
5.11 Mykobakterien-Diagnostik (M. tuberculosis-Komplex und atypische Mykobakterien)
Nachweis säurefester Stäbchen mittels Mikroskopie nach Spezialfärbung
Kultur auf Mykobakterien, Bebrütung mindestens 8 Wochen
PCR (nur nach Anforderung)
Bei positiver Mikroskopie und/oder positiver Kultur erfolgt eine umgehende telefonische Benachrichtigung
Das Probenvolumen sollte immer relativ groß sein, da Mykobakterien meist nur in geringen Keimzahlen im Untersuchungsmaterial enthalten sind.
5.11.2. Probenmindestmengen zur Mykobakterien-Diagnostik:
Sputum/Trachealsekret
2 ml
Bronchialsekret
2 ml
BAL
20 ml
Pleurapunktat
30 ml
Magenspülwasser
20 ml
Magennüchternsekret
2 ml
Aszites
30 ml
Urin
30 ml (kein Mittelstrahlurin, kein Sammelurin)
Stuhl
1-2 g
Liquor Anzucht (+ PCR)
5 ml (+ 3 ml zusätzlich)
Proben stets nativ (ohne Transportmedium) in sterilen und dicht verschlossenen Röhrchen einsenden. Bis zum Transport ist eine Lagerung bei 4°C bis 8 °C empfohlen.
Die klinischen Proben sollten vor Beginn einer Tuberkulosetherapie gewonnen werden.
Urogenital-Tuberkulose: Zur Erhöhung der Mykobakterienkonzentration im Urin sollte am Abend zuvor möglichst wenig Flüssigkeit aufgenommen werden. Die Untersuchung von Urinproben an drei aufeinanderfolgenden Tagen erhöht die Ausbeute.
Darmtuberkulose: Indikation zur Stuhleinsendung nur bei Patienten mit zellulärem Immundefekt. Ansonsten sind bei V .a. Darmtuberkulose endoskopisch gewonnene Biopsien vorzuziehen.
5.11.3. Induziertes Sputum (Vorbereitung des Patienten und Sputuminduktion)
Zähne, Zahnfleisch, Wangenschleimhaut und Zunge ohne Zahncreme, aber mit sterilem oder Salzwasser und Zahnbürste über 5 bis 10 Minuten putzen (Ziel: Reduktion der Standortflora).
Anschließend gründliche Mundspülung mit sterilem Wasser.
Inhalation von ca. 25-30 ml steriler Kochsalzlösung (10%) mittels Ultraschall-Vernebler über 15-20 Minuten bis eine ausreichende Menge an Sputum produziert wird.
Das Sputum wird alle paar Minuten in ein steriles Gefäß expektoriert.
Es sollte an drei aufeinanderfolgenden Tagen je eine Sputumprobe untersucht werden.
5.11.4. Sputum
Morgens nach ausgiebiger Mundspülung mit abgekochtem Wasser oder Tee gewinnen (keinen Speichel einsenden, sondern Auswurf)
Es sollte an drei aufeinanderfolgenden Tagen je eine Sputumprobe untersucht werden.
Probe jeweils in sterilem Sputumröhrchen einsenden (2-10 ml)
5.11.5. Bronchialabsaugungen
In sterile Sputumröhrchen geben.
5.11.6. Magensaft
nur, wenn kein Sputum gewonnen werden kann (z. B. bei Kindern)
morgens nüchtern 2-5 ml in steriles Gefäß entnehmen, nach Entnahme der Proben sofort mit Phosphatpuffer neutralisieren
5.11.7. Punktat und Liquor
Möglichst reichlich Material (siehe oben) in sterilem Gefäß auffangen.
5.11.8. Eiter und Wunden
Abszesseiter mit steriler Spritze aspirieren; so viel Untersuchungsmaterial wie möglich ohne Zusätze (wie z.B. Formalin, Alkohol) einsenden
Abstriche sind ungeeignet
5.11.9. Gewebe/Biopsien
In sterilen Röhrchen nativ einsenden, mit etwas steriler physiolog. NaCl-Lösung (ca. 1 ml) befeuchten (keinesfalls Formaldehyd verwenden)
5.11.10. Blut
Nur bei immunsupprimierten Patienten mit Verdacht auf TBC-Sepsis sinnvoll, insbesondere bei HIV-Patienten
Falls vorhanden, 5 – 10 ml Blut direkt in spezielle Kultursysteme inokulieren. Vorher bitte Kontakt mit dem Labor aufnehmen!
Blut NICHT in eine Blutkulturflasche geben!
Alternativ 5-10 ml EDTA-Blut oder Citrat-Blut abnehmen und im Blutröhrchen verschicken.
5.12 Untersuchung auf Dermatophyten
Keine Abstrichtupfer zur Materialgewinnung bei V.a. Dermatophyten-Infektionen verwenden!
Obwohl Haut-, Nagel- und Haarproben relativ beständig sind, sollte die Zeit bis zum Eintreffen im Labor nicht mehr als 3 Tage betragen.
5.12.1. Nägel
Krankhaft veränderte Teile der Nagelplatte mit Fräse, Skalpell oder Nagelzange entfernen
Nach Desinfektion unter dem stehen gebliebenen Rest der Nagelplatte reichlich Material herauskratzen oder mit der Fräse abschleifen.
Das Einsenden von abgeschnittenen Nagelteilen ist weniger erfolgversprechend.
5.12.2. Haare
Mit steriler Epilationspinzette Haarstümpfe, die von einer Kruste umgeben sind, herauszupfen (Haare vorher ggf. kürzen).
Bei V. a. Microsporum-Arten ist die Verwendung einer Wood-Lampe (UV-Lampe mit Woodfilter) bei der Entnahme zu empfehlen. Im abgedunkelten Raum fluoreszieren die pilzbefallenen Haarstümpfe grünlich.
Die Untersuchung von mit der Schere abgeschnittenen Haaren führt in der Regel nicht zu einem validen Untersuchungsergebnis.
5.12.3. Haut
Grobe Auflagerungen, Krusten und lockere Hautschuppen ablösen und verwerfen.
Nach Desinfektion mit sterilem Skalpell oder scharfem Löffel festsitzende Hautschuppen von der Randzone des Herdes mit stärkster Gewebsreaktion durch Kratzen in Richtung des gesunden Gewebes gewinnen.
5.13. Untersuchung auf multiresistente Erreger (MRE)
Zum Screening auf multiresistente Erreger sind je nach Erreger folgende Materialien zielführend:
MRSA
kombinierter Nasen-Rachenabstrich (Nasenvorhöfe),
Wundabstriche,
Abstriche von Katheter-Eintrittstellen (und anderen Devices),
bei bekannten MRSA-Trägern ggf. zusätzlich Abstriche der vormals positiven Körperstelle
3-/4-MRGN
Rektalabstriche,
Urin,
oberflächliche Abstriche von chronischen Wunden (ohne vorherige Entfernung von Belägen),
zusätzlich Rachenabstriche bei V.a. Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa oder Acinetobacter spp.,
bei bekannten MRGN-Patienten ggf. zusätzlich Abstriche der vormals positiven Körperstelle
VRE
Rektalabstriche,
Stuhlproben,
bei bekannten VRE-Patienten ggf. zusätzlich Material der vormals positiven Körperstelle
Ausschluss einer neu erworbenen Besiedelung mit multiresistenten Erregern:
Mindestens drei Proben an verschiedenen Tagen im Zeitraum von mindestens einer Woche (z.B. Tag 1, 4 und 7) entnehmen.
Kontrollabstriche nach MRSA-Eradikationsversuchen:
im Krankenhaus: frühestens 3 Tage nach Beendigung der Eradikationsmaßnahmen an drei aufeinanderfolgenden Tagen
Nasen-Rachen-Abstriche
zusätzlich Abstriche von vorher besiedelten Körperregionen
im ambulanten Bereich (Arztpraxis, Pflegeheim) zeitnah nach Beendigung der Dekolonisierung (3 Tage bis 4 Wochen) an drei Tagen
Sind diese ersten Abstriche negativ, dann folgen weitere Kontrollabstriche 3 bis 6 Monate, sowie eine dritte Kontrolle 11 bis 13 Monate nach dem Beginn der Sanierung.
Kontrollabstriche bei Besiedlung mit MRGN oder VRE sind nicht sinnvoll, da es für diese Erreger keine Eradikationsmöglichkeiten gibt (Bestandteil der Darmflora). Einzig nach kausaler Antibiotikatherapie aufgrund einer Infektion kann die Eliminierung des Erregers erwartet und ggf. auch kontrolliert werden.
6. Antibiogramm
6.1. Allgemeine Hinweise
Mit Hilfe der Empfindlichkeitsprüfung kulturell isolierter pathogener Erreger ist eine gezielte und wirksame Antibiotikatherapie möglich. Neben primären Resistenzen können die Erreger unter der Therapie sekundäre/erworbene Resistenzen entwickeln, so dass bei ausbleibendem klinischen Ansprechen wiederholte Empfindlichkeitsprüfungen erforderlich sein können.
Die Messergebnisse für jede Erreger-/Antibiotikum-Kombination werden nach den vom europäischen (EUCAST) und nationalen (NAK) Antibiotika-Sensitivitäts-Komitee festgelegten Kriterien interpretiert und beruhen auf den von EUCAST und NAK veröffentlichten Dosierungsempfehlungen (https://www.nak-deutschland.org/aktuelle-version.html).
6.2. Methodik und Interpretation
Je nach Erreger werden automatisierte Empfindlichkeitsprüfungen oder Empfindlichkeitsprüfungen durch Agardiffusion eingesetzt.
Die Messergebnisse für jede Erreger-/Antibiotikum-Kombination werden nach den vom europäischen (EUCAST) und nationalen (NAK) Antibiotika-Sensitivitäts-Komitee festgelegten Kriterien, auch abhängig vom Infektionsort, interpretiert und die Erreger in die folgenden Empfindlichkeitsstufen eingestuft:
Bewertung
Kürzel
Interpretation nach EUCAST/NAK
sensibel bei Standarddosierung
S
Als sensibel gegen ein bestimmtes Antibiotikum wird ein Erreger dann bezeichnet, wenn sein Wachstum in vitro von einer Konzentration dieses Wirkstoffs gehemmt wird, die mit einer hohen therapeutischen Erfolgswahrscheinlichkeit am betreffendem Infektionsort bei Verwendung der Standarddosierung und –applikation assoziiert ist.
sensibel bei erhöhter (increased) Exposition
I
Als sensibel bei erhöhter Exposition gegen ein bestimmtes Antibiotikum wird ein Erreger dann bezeichnet, wenn er in vitro von einer Konzentration dieses Wirkstoffs inhibiert wird, die mit einer hohen therapeutischen Erfolgswahrscheinlichkeit durch erhöhte Exposition des Erregers gegenüber der Substanz durch
Verwendung eines angepassten Dosierungsregimes,
eine optimierte Verabreichungsform oder
durch Konzentrierung am Infektionsort
assoziiert ist.
resistent
R
Als resistent gegen ein bestimmtes Antibiotikum wird ein Erreger dann bezeichnet, wenn er in vitro von einer Konzentration dieses Wirkstoffs inhibiert wird, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit des Therapieversagens, auch bei erhöhter Exposition, assoziiert ist.
fehlende Evidenz
IE
Die Korrelation zwischen der in vitro ermittelten minimalen Hemmkonzentration (MHK)für den Erreger und der klinischen Wirksamkeit des Wirkstoffs ist unklar und es gibt zurzeit keine ausreichende Evidenz, dass der Erreger ein geeignetes Ziel für diesen Wirkstoff ist. Daher wurden keine Interpretationskriterien für diese Erreger-/Antibiotikum-Kombination festgelegt.
Die in-vitro erhobenen Ergebnisse "sensibel" und "resistent" sind nicht immer mit klinischer Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit gleichzusetzen. Die Immunitätslage des Patienten, die Lokalisation der Infektion, erreichbare Antibiotikaspiegel, die Durchblutungssituation am Wirkort und andere Faktoren können das klinische Therapieergebnis beeinflussen. Bei schweren Infektionen können Antibiotikakombinationen indiziert sein, allerdings müssen auch antagonistische Wirkungen und Kotoxizitäten berücksichtigt werden.
6.4. Mögliche Ursachen für Diskrepanzen von in-vitro-Ergebnis und in-vivo-Wirksamkeit
Sensibler Erreger / klinisch Therapieversagen
Resistenter Erreger / klinisch Therapieerfolg
Abwehrschwäche, besonders Granulozytopenie
infizierte Fremdkörper (Katheter, Implantate)
nicht drainierter Abszess
fehlende Bakterizidie
gestörte Resorption
Antagonismus durch Kombination
Resistenzentwicklung unter Therapie
getestetes Isolat war nicht ursächlich für Infektion
besonders gut zugängliches Kompartiment, z. B. Harnwege
Therapie mit Lokalantibiotika (sehr hohe AB-Konzentration)
Spontanheilung, z. B. bei Harnwegsinfekten
getestetes Isolat war nicht ursächlich für Infektion